In die Berge, wohin denn sonst?

Wischermann, Angelika, 2015

Werkbezug: Überdruss am Überfluss

Mein Plan steht fest, eine Woche lang möchte ich einen Staudamm bauen. Das grobe Bild in meinem Kopf – aus Steinen soll er gebaut sein.

Jetzt heißt es den richtigen Ort für mein Vorhaben finden. Eine Suche, die sich – wie sich herausstellen sollte – schwerer gestaltet als zunächst angenommen. Sowohl Heimat als auch Wahlheimat eigen sich nicht, sie sind zu flach, die Bäche nicht steinig genug. Berge müssen her, möglichst hohe, damit sie viele Steine abwerfen. Wohin also? In die Alpen!

Aus dem Flachland stammend sind mir Berge fremd, nur wenig weiß ich über ihre Beschaffenheit, schon gar nicht aus eigener Erfahrung. Ich brauche Berater:innen Naturfreund:innen, die sich viel in den Bergen aufhalten – Wanderführer:innen, Angler:innen, Hobbymaler:innen – selbst ernannte Bachexpert:innen.

Tipps und Hinweisen folgend begebe ich mich in die Berge, durchklettere Bäche, Wälder und Schluchten, doch den idealen Ort finde ich nicht. Zu viele entscheidende Faktoren waren mir zuvor unbewusst oder zu vage formuliert.

Erneute Gespräche, genauere Ortsbeschreibung. Den erklärten Vorgaben liegen nur wenige persönliche Vorlieben zu Grunde, die meisten sind einem erfolgversprechenden Bauprojekt geschuldet.

Lange Suche, intensive Gespräche und genaue Beobachtungen beginnen nun endlich Früchte zu tragen – Kalksteinberge bieten ideale Voraussetzungen für mein Bauvorhaben. Ihrer Porosität verdanken sie besonders steinige Ufer. Große Steinbrocken zerbrechen in ein wahres Paradies an Steinen aller Größen, die sich perfekt umhertragen und stapeln lassen. Herangeschleppte Steine bleiben am flacher werdenden Fuß des Berges in der seichten Strömung der breiter werdenden Bäche liegen und gestalten die Anreise nicht allzu beschwerlich. Die idealen Voraussetzungen sind endlich gefunden – jetzt kann der Bau beginnen...